Magie
Neubearbeitung des Artikels von Karl Hörmann durch Josef Spindelböck
Lexikon der christlichen Moral
Die ältere, ursprüngliche Version dieses Artikels von Karl Hörmann können Sie hier lesen.

1. Magie wird im weitesten Sinn so verstanden, dass der Mensch in seinem Dasein übermenschliche Mächte am Werk sieht oder zu sehen vermeint, die er als persönlich oder unpersönlich deutet und deren er sich unabhängig von einer personalen Beziehung zu Gott durch dinghaften Besitz oder Vollzug zu bemächtigen sucht. Für eine solche Einstellung, die in der Menschheit weit verbreitet ist, jedoch im Gegensatz zur Religion der Offenbarung und zum christlichen Glauben steht, ist auch der Christ anfällig. In seiner leib-seelischen Verfasstheit bedarf er für sein religiöses Leben des Sinnenhaften (vgl. Gottesverehrung); damit ist für ihn die Versuchung verbunden, das Schwergewicht so auf die sinnlich wahrnehmbaren Dinge zu legen, als ob sie außerhalb der Beziehung des Menschen zum persönlichen Gott selbständige religiöse Bedeutung hätten. Einer derartigen Verzerrung kann der Christ sogar in seiner Auffassung von der Kirche und ihren Sakramenten und Sakramentalien erliegen. Dieser Verfälschung muss in Verkündigung und Katechese, aber auch im liturgischen Vollzug sowie in der Praxis der Volksfrömmigkeit und des persönlichen geistlichen Lebens durch Klarstellung des wesenhaft personalen Charakters des christlichen Glaubens und Lebens entgegengewirkt werden.

2. Als Magie im engeren Sinn wird der Bereich jener okkultistischen Praktiken bezeichnet, die darauf hinzielen, dem Menschen übermenschliches Wissen und Können zu verschaffen oder ihn vor höheren Mächten zu schützen (Zauberei und Hexerei).

2.1. Manche wollen eine so genannte "weiße Magie" für unbedenklich erklären, da sich in ihr der Mensch nur natürlicher, wenn auch der Allgemeinheit unbekannter Mittel bediene, um zauberhaft wirkende Vorgänge hervorzurufen. Insofern auch dahinter eine Haltung des Egoismus steht, die die belebte und unbelebte Schöpfung für eigene Zwecke instrumentalisieren will, und insofern die Grenze zu echter Magie unscharf ist, kann auch diese Form für einen Christen nicht in Frage kommen. Freilich gibt es Dinge (z.B. Erfindungen, technische Anwendungen), die von Unkundigen als magische Ereignisse und Handlungen interpretiert werden, während sie in Wirklichkeit natürlich erklärbar sind. Gegen deren Verwendung ist nichts einzuwenden, wenn das Tun nicht durch einen hinzutretenden Grund unverantwortbar wird, etwa weil der Handelnde verwerfliche Zwecke verfolgt oder weil er sich oder andere der zunehmenden Gefahr eigentlicher magischer Verzerrung des Lebens aussetzt.

2.2. Bei der so genannten schwarzen Magie geht die Absicht des Übenden mehr oder minder ausdrücklich dahin, sich zur Hervorbringung der angestrebten Wirkungen der Hilfe von im Gegensatz zu Gott stehenden übermenschlichen persönlichen (d.h. dämonischen) Kräften zu bedienen. "Die Beweggründe für die Betätigung schwarzmagischer Praktiken sind das Streben des Menschen nach Reichtum, Macht und Ansehen, und das höchste Ziel eines Schwarzmagiers ist, seine Macht über das ganze Universum auszudehnen und in die tiefsten Geheimnisse des Kosmos einzudringen" (Det Morson, Praxis der weißen und schwarzen Magie, Bürstadt 1999). Durch eine derartige Haltung und ein solches Tun tritt der Mensch in Gegnerschaft zu jeder echten Religion und Gottesverehrung. Erschwerend kann dazukommen, dass er durch diese Art der Magie (auch durch Verwendung von Zauberdrogen; vgl. Gen 30,14) andere Menschen unheilvoll beeinflussen will (Behexung, maleficium, incantatio; vgl. Alfons Maria von Liguori, Theologia moralis IV 23) oder tatsächlich schädigt (was in der Möglichkeit und in den Auswirkungen freilich umstritten ist und nicht zum "Hexenwahn" führen darf). Die so genannte "Chaos-Magie" vertritt den Grundsatz, es sei alles erlaubt, was gefalle, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Ein erster wichtiger Einwand gegen Magie liegt im Vorwurf der Bemächtigung unpersönlicher Kräfte, anderer Lebewesen und geistiger Wirklichkeiten für eigene Ziele. Auf diese Weise ist Magie der Ausdruck einer ichbezogenen Haltung, die alles übrige instrumentalisiert. Dieser Vorwurf bleibt unabhängig davon aufrecht, ob diese intendierte Beeinflussung nun tatsächlich möglich ist oder nicht. Vom religiösen und insbesondere vom christlichen Standpunkt aus hält die Kritik der Magie daran fest, dass der Mensch insbesondere in seiner Gottesbeziehung immer ein Empfangender, nie ein Verfügender sein kann. Wollte er das Göttliche als ihm zu Diensten stehend denken oder in seiner Praxis dieses als jederzeit verfügbar ansehen, würde damit ein echt personaler Gottesbezug aufgehoben und unmöglich gemacht. Auch der Mitmensch kann und darf nicht als Mittel zum Zweck angesehen werden, sondern muss in seiner personalen Würde geachtet werden. Ein weiterer Einwand lässt fragen, ob durch Magie und Okkultismus möglicherweise tatsächlich Mächte des Bösen beschworen werden (Teufel, Dämonen) und der Mensch dadurch in eine Abhängigkeit gerät, die seiner Freiheit und Würde abträglich ist.

Zu einer Renaissance magischer Vorstellungen tragen in der Gegenwart die Esoterik-Welle und die New-Age-Bewegung maßgeblich bei; auch gibt es selbsternannte Zirkel von Hexen und Zauberern sowie Satanisten. Diese von den betreffenden Personen meist ernst gemeinten Bestrebungen werden popularisiert und zugleich verharmlost in Büchern und Filmen wie "Harry Potter" oder "Herr der Ringe". Hier ist kritische Wachsamkeit nötig, die derartige Gefahren weder unterschätzt noch dramatisiert.

 

Vgl. auch den Artikel "Aberglaube"!

 

Literatur

Stand: 29.02.2004. Hinweise, Ergänzungen und Kritik erbeten (webmaster@stjosef.at)!


 


Der Katechismus der Katholischen Kirche schreibt dazu:

 

Wahrsagerei und Magie

2115 Gott kann seinen Propheten und anderen Heiligen die Zukunft offenbaren. Die christliche Haltung besteht jedoch darin, die Zukunft vertrauensvoll der Vorsehung anheim zustellen und sich jeglicher ungesunder Neugier zu enthalten. Wer es an notwendiger Voraussicht fehlen lässt, handelt verantwortungslos. 

2116 Sämtliche Formen der Wahrsagerei sind zu verwerfen: Indienstnahme von Satan und Dämonen, Totenbeschwörung oder andere Handlungen, von denen man zu Unrecht annimmt, sie könnten die Zukunft „entschleiern" [Vgl. Dtn 18,10; Jer 29,8.]. Hinter Horoskopen, Astrologie, Handlesen, Deuten von Vorzeichen und Orakeln, Hellseherei und dem Befragen eines Mediums verbirgt sich der Wille zur Macht über die Zeit, die Geschichte und letztlich über die Menschen, sowie der Wunsch, sich die geheimen Mächte geneigt zu machen. Dies widerspricht der mit liebender Ehrfurcht erfüllten Hochachtung, die wir allein Gott schulden.

2117 Sämtliche Praktiken der Magie und Zauberei, mit denen man sich geheime Mächte untertan machen will, um sie in seinen Dienst zu stellen und eine übernatürliche Macht über andere zu gewinnen — sei es auch, um ihnen Gesundheit zu verschaffen —‚ verstoßen schwer gegen die Tugend der Gottesverehrung. Solche Handlungen sind erst recht zu verurteilen, wenn sie von der Absicht begleitet sind, anderen zu schaden, oder wenn sie versuchen, Dämonen in Anspruch zu nehmen. Auch das Tragen von Amuletten ist verwerflich. Spiritismus ist oft mit Wahrsagerei oder Magie verbunden. Darum warnt die Kirche die Gläubigen davor. Die Anwendung so genannter natürlicher Heilkräfte rechtfertigt weder die Anrufung böser Mächte noch die Ausbeutung der Gutgläubigkeit anderer.

Zurück zum Index